Lasst uns in Urlaubserinnerungen schwelgen:
Letzte Ostern in Cassis sind wir bei einem Italiener gelandet, dessen Auswahl fast unseren Familienfrieden belastet hätte. Um touristisch frühe neunzehn Uhr war das Lokal noch gähnend leer, aber Kind hatte Hunger und erfahrungsgemäß muss man da ja recht zügig reagieren, wenn man sich nicht öffentlich blamieren will. Zu allem Unglück hat man uns auch dann noch recht unfreundlich begrüßt und an einem Katzentischlein am Fenster geparkt. Der Mann ist wenig berauscht und bestellt aus Protest das teuerste Nudelgericht auf der dürftig beschriebenen Karte: "Pasta del mar" stand da in krakeliger Schrift und dahinter eine kleine, aber saftige 30! Ich war mir sicher - und hinterher hat er es ja auch zugegeben -dass er das nur bestellt hat, um sich in seinem Urteil, dass es sich bei meiner Restaurantwahl um einen absoluten Saftladen handelt, bestätigen zu lassen. Und um gelegentlich genüsslich erzählen zu können, dass er dreißig Tacken für ein paar lächerliche Shrimps-Spaghetti hinblättern musste und dass man das davon habe, wenn Madame in Südfrankreich zu einem Italiener gehen müsse.
Höhö - und dann ereignete sich Folgendes: Um zehn nach sieben füllte sich das Restaurant kontinuierlich mit sympathischen Einheimischen, Familien, Freunden, Paaren, die alle reserviert hatten. Und da wir ja in bester Lage am Fenster saßen, konnten wir die im Minutentakt andackelnden Touristenpaare milde belächeln, die versuchten, noch einen Platz zu ergattern.
Und dann kam die Pasta: in einer kleinen gusseisernen Pfanne, mit bestem fangfrischen Fisch und üppig Meeresfrüchten in einem Sud mit Knoblauch, Kirschtomaten, Kräutern und handmade Pasta, die an in Stücke geschnittene Cannelloni erinnerte. Es schmeckte so gut, dass Mann seine Vorurteile widerstrebend über Bord werfen musste.
Und wir seitdem diese Urlaubsentdeckung schon zum dritten Mal nachgekocht haben. Wenn man beim Fischhändler durch ist, weiß man auch, dass der Preis durchaus nicht unberechtigt war.
Durch die Variationen beim Nachkochen und den zeitlichen Abstand habe ich eigentlich keine Ahnung, wie nahe "unsere" Pasta del Mar noch am ursprünglichen Gericht dran ist.
Aber ich bin nach wie vor Fan.
Nudelmäßig habe ich hierzulande bislang nur eine Sorte entdeckt, die ungefähr hinkommt. Sie heißt "Calamarata" und passt - nomen est omen - natürlich perfekt zu Tintenfischringen in der Sauce.
Die Zubereitung ist einfach und aufwändig zugleich.
Man nehme für 2 Personen:
2 großkalibrige Crevettes
1 mittelgroße Tintenfischtube
300 Gramm festes Fischfilet (z.B. Lotte)
20 Palourdes (zur Not Venusmuscheln)
500 Gramm Kirschtomaten
1 Handvoll glatte Petersilie
1/2 Zitrone
1-2 Knoblauchzehen
1 Glas Weißwein
Salz
Pfeffer
1 Chilischote oder Piment Antillais
Olivenöl
300 Gramm Calamarata
Zubereitung:
1. Petersilie und Chilischote fein hacken, Knoblauch halbieren, mit Salz bestreuen und mit einer Gabel zerdrücken, bis ein feines Mus entsteht. Kirschtomaten halbieren, alles beiseite stellen. Nudelwasser aufsetzen.
2. In einer Pfanne 2 EL Olivenöl erhitzen und Knoblauch darin sanft golden anbraten. Muscheln kurz mit kaltem Wasser abbrausen und in die Pfanne geben. 1 Glas Weißwein und Petersilie hinzufügen, Deckel schließen und warten, bis die Muscheln sich geöffnet haben. Ungeöffnete Muscheln entfernen. Muschelschalen der übrigen Muscheln entfernen. Pfanne mit Muschelfleisch und Sud warm halten.
3. Nudeln ins sprudelnd kochende Wasser geben und ca 13 Minuten al dente kochen.
3. Tintenfischtube in feine Ringe schneiden und mit den Kirschtomaten zum Muschelsud geben. Sanft köcheln lassen.Tiefe Pastateller bei 60-80 Grad im Backofen vorheizen.
4. 2 EL Olivenöl in einer weiteren kleinen Pfanne erhitzen und Fischfilet darin rundherum ca. 5-8 Minuten bei mittlerer Hitze anbraten. salzen, pfeffern und mit 2-3 EL Zitronensaft begießen.
5. Crevettes in die Muschel-Tintenfisch-Tomaten-Pfanne geben und 2-3 Minuten mitgaren, dann herausnehmen.
6. Nudeln abgießen und in der Pfanne schwenken. Evtl mit Salz, Pfeffer und einem Schuss Olivenöl und etwas Zitronensaft nachwürzen.In vorgeheizte Teller geben, Riesengarnele und Fischfilet daraufgeben und mit frsicher Chilischote bestreuen.
Dazu passt für mein Empfinden ein sizilianischer Rotwein ebenso wie ein weißer Chablis oder ein guter Rosé aus der Provence.
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