Montag, 27. Oktober 2014

Kulinarische Impressionen aus Cala d'Or

Mallorca- Gutes Essen ist nicht so ganz einfach zu finden!

Wenn man so dermaßen unüberlegt und spontan einen Last-Minute-Urlaub auf Malle bucht wie wir, braucht man sich auch nicht zu wundern, dass man in einem Hotel landet, dessen Restaurant den Namen eigentlich nicht verdient. Vielmehr handelt es sich um eine marginal schallisolierte Großraumkantine mit einem Geräuschpegel eines mittelgroßen Pausenhofs. Interessanterweise scheinen deutsche Touristen die Qualität eines Restaurants nicht etwas an der Qualität der Speisen, sondern einzig und allein an Angebotsvielfalt und Menge der verfügbaren Esswaren zu messen. Die Welt ist in Ordnung, solange die Wärmebehälter randvoll und ein Drittel der Speisen frittiert sind. Ein aschenputtelhaftes Schattendasein führen hingegen regionale Speisen. Hinter Dosenmais in riesigen Schüsseln verbergen sich zaghaft ein paar Sardinen, verschämt lugt die Sobresado zwischen himbeerfarbenen Salamischeiben und blassgelbem Gouda hervor. Manchegokäse   im nahegelegenen Supermarkt? Fehlanzeige. Dafür Schmelzkäse und Cheddar in zahlreichen Varianten. Wobei wir wieder bei der Angebotsvielfalt wären.

Weil wir recht bald schon keine Lust mehr hatten, uns die wenigen guten Sachen aus dem Abendbüffet herauszufischen, entschieden wir uns zum Restaurantbesuch. Was ebenfalls eine Herausforderung für den anspruchsvollen Lebensmittelliebhaber mit mittlerem Budget ist. Der erste Weg führt Selbigen aufgrund geringer Ortskenntnis ins Internet, wo einschlägige Bewertungsportale um die Gunst des gefräßigen Touristen buhlen. Bei der Lektüre dieser Rankings  stellen sich jedoch aus meiner Sicht folgende Hindernisse in den Weg:
1) Der Geschmack eines  Mallorcaurlaubers aus -sagen wir Porthmouth- entspricht nicht unbedingt unserer Vorstellung von landestypischer Küche mit regionalen Produkten ( Great Sangria with garlic prawns all you can eat ruft bei mir zum Beispiel eher die Assoziation einer auf dem Klo verbrachten Nacht als frenetische Lobeshymnen  hervor.)
2) die maschinell übersetzten Kommentare sind zwar zum Teil lustig zu lesen, aber auch nicht sonderlich aufschlussreich und
3) irgendwie hat man ja dann doch den Ehrgeiz, die unglaublich schnuckelige Einheimischen- Stammbar mit den coolsten Tapas selbst zu finden und nicht wie jeder Dödel dem grün-schwarzen Logo hinterherzurennen.

Im Rückblick auf vergangene Woche haben sich folgende Restaurantfindestrategien bewährt:
1) Niemals erste Reihe, wenn es auch eine zweite gibt.
2) Morgens dort Kaffee trinken, wo spanische Zimmermädchen ihre Rauchpause machen und dabei unauffällig Speisekarte, Service, Sauberkeit und Publikum für einen eventuellen Abendbesuch  checken.
3) Fisch am Hafen. Und zwar am besten in einem Traditionshaus ohne  Chichi.
4) Dort essen, wo reich UND intelligent aussehende Touristenpaare mittleren Alters sitzen und Flaschenwein trinken. ( Erkennungsmerkmale: ER: melierte Schläfen, lachsfarbenes Segelpolo, Zahnarztlächeln SIE: angehaucht alternativer Kleidungsstil, nicht dürr, nicht blondiert, Typ Journalistin und Mutter dreier nun dem Betreuungsalter entwachsener Kinder)
5) Speisekarte anschauen: Leider hat sich im Durchschnittstourimalle noch nicht herumgesprochen, dass eine kleine , überschaubare Karte in maximal zwei Sprachen durchaus ein Entscheidungsgrund FÜR ein Restaurant sein kann. Also gilt hier die erweitere Regel: große Karte in mehreren Sprachen auf Sinnhaftigkeit, Übersetzungsstringenz und -soweit beurteilbar- Authentizität prüfen.

Und im konkreten Fall lauten unsere Restaurantempfehlungen für Cala d'Or-  mit Abstrichen, denn ein wirklicher Kracher war leider nicht dabei:

1) Cafeteria Neptuno:
solide spanische Bar, die sich verwirrenderweise auch Pizzeria nennt und zudem hausgemachte Burger und Salate anbietet. Das eigentlich Interessante dort sind jedoch die Tapas und die Häppchen, kleine bruschettaartige Baguettescheiben mit diversen Belägen such as ausgebackener Ziegenkäse mit Rucola, Räucherlachs oder Sardinen mit Paprika und Tomate, die sich vorzüglich zu einer Flasche Cava verspeisen lassen. Zu den Tapas haben wir auf die nicht nur unglaublich unaufgesetzt freundliche, sondern auch lustige und kinderliebe Kellnerin gehört und einen roten mallorquinischen " Ses Nines" getrunken. Hat  super zu dem scharfen Pica-Pica de Sepia und den würzigen Albondigas gepasst.
Unbedingt zu empfehlen ist auch der Kaffee und das coolste und farbstoffintensivste Wassereis - Kalise Kriator- der Welt.

Carrer Boulevard d'Or, 53, 07660 Cala d'Or, Mallorca, Illes Balears
www.cafeterianeptuno.com

2) Restaurante Botavara
Dieses Fischrestaurant an der Marina von Cala d'Or haben wir zum Mittagessen besucht. Die einzige hausgemachte Aioli, die uns in dieser Woche unaufgefordert serviert wurde, erwies sich als fluffiger Begleiter zu gegrilltem Tintenfisch. Die Speisekarte ist groß, aber je nach Tageseinkauf ist nicht jedes Gericht vorhanden. Der von mir favorisierte Schwertfisch beispielsweise war aus. Ich vermute stark, dass der komplette Tagesfang von unserem Hotel aufgekauft wurde, um ihn am folgenden Abend auf der Showcookig-Plancha in dünnen Scheibchen zu Tode zu braten. Das Botavara ist weder stylisch in der Einrichtung noch innovativ in der Zubereitung der Gerichte. Aber der weiße Hauswein ist top, die Kellner sind freundlich und der Blick auf die Yachten lässt vom Leben als Privatier mit Stammplatz in diesem Restaurant träumen.  Und, Moment mal, sitzt  dahinten nicht  dieser Geisssen und spachtelt Fisch in Salzkruste?

Restaurante Botavara, Puerto Deportivo de Cala d'Or

3) Barlovento
Mitten in der Fressgass von Cala d'Or liegt dieses anscheinend sehr angesagte Restaurant. Die Speisekarte ist enorm und beinhaltet auch unglaublich viel Unsinn, aber unter der Rubrik mallorquinische Spezialitäten entdeckte ich einen Saint Pierre mit mediterranem Gemüse, der vom Preis-Leistungsverhältnis her wirklich bemerkenswert war. Der Mann hatte weniger Glück und fand auf seinem Teller statt der auf der Karte als "Langustinen" bezeichneten Schalentiere lediglich King Prawns wieder, die durchaus auch TK- Ware vom Discounter hätte sein können. Aber beide Gerichte schmeckten gut.
Die Tapas, die wir uns zuvor nicht verkneifen konnten, waren allerdings eher durchwachsen, Knoblauchgranulat auf bitteren Pimentos de padron, die Boquerones eher langweilig frittiert und mit Fertigaioli serviert. Insgesamt ist mir schleierhaft, wieso die Touris angeblich in der Hauptsaison hier die Straße runter Schlange stehen. Aber okay, ich verstehe ja auch nicht, was an Liebeskindtaschen so toll sein soll...

Barlovento, Andreas Roig 2, Central Peatonal, Cala d'Or





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